Rhein-Main: Der ultimative Standort für B2B Start-ups? Ein Rückblick auf das NEXT B2B FORUM

Rhein-Main: Der ultimative Standort für B2B Start-ups?  Ein Rückblick auf das NEXT B2B FORUM

NEXT B2B FORUMGlobal Shapers. Das sind junge Menschen mit besonderen Talenten und großem Potenzial. (Um Missverständnissen vorzubeugen: jung heißt unter 30.) Sie sind voller Tatendrang und gestalten weltweit, in miteinander vernetzten „Hubs“, aktiv ihre Umgebung. Das Frankfurter Hub lud unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Peter Feldmann am 13. Juni 2014 zum NEXT B2B Forum ein.
Mitten in der kleinen Großstadt Frankfurt, zu Gast in den Räumlichkeiten von Bloomberg und auf Augenhöhe mit den schnell vorbei ziehenden Wolken, trafen Vertreter von Großunternehmen, Start-ups, Professoren, Politiker und Unterstützer aufeinander. Gemeinsam wollten sie herausfinden, was geschehen müsse, damit das Rhein-Main-Gebiet zum Geburtsort erfolgreicher B2B Start-ups werden kann.
Deshalb begann die Veranstaltung mit der Frage: Was wird die Politik tun? Nadine Schön, Mitglied des Deutschen Bundestages, versuchte sie zu beantworten. Die Lösung sei in der „Digitalen Agenda“ verankert. Diese vereint ein Portfolio an Reizthemen: Steigerung der Breitbandgeschwindigkeit, sichere Informationstechnologie, sinnvolle Datenschutzbestimmungen, leichtere Finanzierung, faire Steuern. Ein neuer Aktienindex steht auch auf dem Plan. Der ständige Ausschuss Digitale Agenda hat 16 Mitglieder. Auf deren Schultern lastet die schwierige Aufgabe, mögliche Lösungsansätze aus den Sitzungssälen in die Realität zu transportieren.
Neben der Politik sind etablierte Unternehmen gefragt. In einem Panel sprachen Sadiq Gillani, Chief Strategy Officer der Lufthansa, Sebastian Walker, Gründer von Slidepresenter und Dr. Christian Nagel, Managing Partner des Venture Capitalist-Unternehmens Earlybird, unter anderem über die Hürden einer Zusammenarbeit mit Start-ups. Da wären verkalkte Strukturen, die nur wenig Flexibilität zulassen. Oder Einkaufsabteilungen, die als grimmige und unerbittliche Wächter der Budgets fungieren. Das klassische Großunternehmen unterliegt über Jahre entstandenen und für Außenstehende nicht immer nachvollziehbaren Regeln. Um eine erfolgreiche Partnerschaft zwischen innovativen Start-ups und gestandenen Unternehmen aufbauen zu können, gibt es daher häufig nur einen pragmatischen Ansatz: diese Regeln müssen gebrochen werden.
Aber auch Start-ups können etwas tun, um einen Fuß in die Tür der Großen zu kriegen. Zum Beispiel mehr Interesse für KPIs (Key Peformance Indicators) zeigen, also Leistungskennzahlen, für die sich Investoren interessieren. Ihre unternehmerischen Fähigkeiten ausbauen, vor allem in den Bereichen Vertrieb und Produktmanagement. Und grundsätzlich mehr Durchhaltevermögen und Mut beweisen, auch wenn es einmal schief läuft. Denn anders als beispielsweise in den USA findet man Serientäter hierzulande eher im Tatort als in den Wirtschaftsnachrichten. Dass es eine Menge Mut erfordert, in Deutschland immer wieder neue Unternehmen zu gründen, hängt – diese These zog sich wie ein roter Faden durch die gesamte Veranstaltung hindurch – mit einer schnell verurteilenden Umgebung zusammen. Einer, der scheitert, gilt nicht unbedingt als Held, der unheimlich viel dazu gelernt hat.
In der Expertenrunde für die regionale Entwicklung einer Start-up-freundlichen Infrastruktur im Rhein-Main-Gebiet kam ein Thema immer wieder auf: Ausbildung. Viele Beteiligte wünschten sich, dass schon an Schulen und Universitäten Unternehmensgeister geweckt würden. Christian Schwab, Gründer von ETECTURE, Inês Santos Silvia, Mitgründerin der Startup Pirates, und Rene Maudrich, CEO von FastBill leiteten eine spannende Diskussion, in der nicht immer alle gleicher Meinung waren. Ist die Gesellschaft nun feindlich eingestellt? Müssen Unternehmen etwas tun? Muss es überhaupt mehr Gründer geben? Oder sollte man den Kreis der Willigen gar nicht vergrößern, sondern denjenigen, die sich dafür entscheiden selbständig zu sein, den Weg erleichtern? Der kleine Besprechungsraum glich einem überfüllten Lesungssaal. Manche saßen auf den Fensterbänken, andere auf dem Boden und wiederum andere blieben stehen. Sie alle drängten sich in diesen Raum, weil sie etwas bewegen wollen. Das Rhein-Main-Gebiet muss Stillstand also nicht fürchten.
Und ein Magnet ist die Region dank des Engagements der Global Shapers sowieso. Den zur Veranstaltung dazugehörigen Start-up Wettbewerb bestritten Jungunternehmer aus Deutschland, Indien, den Niederlanden und Portugal. Der glückliche Gewinner, der von einer internationalen Jury gewählt wurde, war dres.sy. Das Unternehmen entwickelte eine Software, die Käufern das Bestellen in Onlineshops leichter macht: unterschiedliche Konfektionsgrößen werden mit Fotos der Nutzer verglichen und erlauben ein Urteil darüber, ob ein Kleidungstück passt.
Der Gründer von Eventbrite, Renaud Visage, verriet, dass man Hype-Themen wie Innovation, datenbasierte Entscheidungen und Skalierung nicht verteufeln, sondern verinnerlichen sollte. Frank Riemensperger, Vorsitzender der Geschäftsführung von Accenture erzählte von der Digitalisierung traditioneller Geschäftsmodelle. Und gab der Logistikindustrie eine Aufgabe: Derjenige der es schafft, Kunden ein Päckchen dort zu übergeben, wo sie sich gerade befinden, wird die Konkurrenz hinter sich lassen. Fabian-Carlos Guhl von Startup Bus Africa stellte lokale Start-ups und ihre Herausforderungen vor. Victor Philippenko, Leiter des Frankfurter Global Shapers Hubs, Jess Erickson, Gründerin der Geekettes, Inês Santos Silvia von den Startup Pirates und Mark Turrell, Autor von „Scaling: Small Smart Moves for Outsized Results“, stellten den Wert von globalen Netzwerken in den Mittelpunkt. Jan Brecke, European Learning & Development Head von General Electric, wusste zu berichten, dass auch Konzerne von Start-ups lernen können und Axel Hesse, Gründer von Cluelist, von Start-ups, die ohne externe finanzielle Mittel auskommen.
Und da waren noch die Expertenrunden für die Bereiche Finanzen, Informationstechnologie und Mobility, bei denen die Global Shapers alle wichtigen Fakten notierten und diese demnächst öffentlich zur Verfügung stellen werden.
Es verging keine Minute, in der nicht jemand sein Smartphone oder Tablet gezückt hätte. Um zu fotografieren, zu twittern oder etwas schriftlich festzuhalten. In den Pausen herrschte ebenfalls rege Aufbruchsstimmung. Die Veranstaltung bedeutet also glücklicherweise nicht das Ende der Diskussion. Ganz im Gegenteil. Sie war ein Auftakt. Die Global Shapers basteln bereits an einem Konzept, das Akteure zusammenbringt, die das Rhein-Main-Gebiet für B2B Start-ups attraktiv  machen wollen.
Ein Silicon Valley gibt es schon. Ein Berlin als Auffangbecken für kreative B2C Start-ups auch. Aber der ultimative Standort für aufstrebende B2B Start-ups fehlt noch. Was meint Ihr, hat das Rhein-Main-Gebiet das Zeug dazu, diesen Titel in Zukunft für sich zu beanspruchen?

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