Dieser Rückblick auf den Lean Startup-Workshop mit Lukas Fittl vom 8. April 2013 wurde zunächst im Blog vom Wiesbadener Startup pixoona und wird hier mit freundlicher Genehmigung ebenfalls veröffentlicht.
„Life’s too short to build something nobody wants” ist das Credo des renommierten Experten für Lean Startup und Customer Development, Ash Maurya. Nach seinem Vorbild hielt sein Kompagnon Lukas Fittl unter dem Titel „Lean Stack – Wie man Build-Measure-Learn effektiv einsetzt” am 08. April 2013 einen Workshop in unserem schönen Wiesbaden.
Wir von pixoona ließen uns dieses Startup-Coaching nicht entgehen. Denn als Startup kennt man natürlich die Ansätze des agilen Projektmanagements und reibt sich doch oft an dem „was will der Kunde eigentlich” auf – die Mittel sind eben begrenzt, sowohl was die finanziellen Kapazitäten als auch die Manpower anbelangt. Gleich zu Anfang lernten wir zwei Kernsätze:
- Das wahre Produkt eines Unternehmers ist NICHT die Lösung, sondern ein funktionierendes Geschäftsmodell.
- Die wahre Aufgabe eines Unternehmers ist es, Risiken dieses Geschäftsmodells mit der Zeit systematisch zu minimieren.
Und eben deshalb waren wir hier. Um von denen mehr zu erfahren, die Projektmanagement agil betreiben, die den Unterschied von Effizienz und Effektivität bestens kennen und ihr Lean Stack als Toolbox verstehen. Zwölf Teilnehmer entschuldigten Lukas schon gleich zu Anfang sein Denglisch, sein Buzzword-Bingo.
Getting the workshop done
Wir wollten uns in allem weiterbilden – vom Business Modell Canvas, über das Strategy & Risks Board hin zum Validated Learning Board. Raus aus unserer Inside-the-comfort-zone-Attitüde hinein in die Get-outside-the-building-Reality. Dafür nahmen wir uns zuerst einmal das Lean-Canvas-Format (vom Business Model Canvas nach Alexander Osterwalder abgewandelt) vor und übertrugen es auf unser eigenes Produkt. Das Lean Canvas ist die unterste Schicht des Stacks und behandelt die Vision oder das Warum und soll die aktuell beste Schätzung in Sachen Realisierung eines funktionierenden Geschäftsmodells dokumentieren.
Problem, Costumer Segments, Unique Value Propositions, Solution, Channels, Revenue Streams, Cost Structure, Key Metrics, Unfair Advantage
Solve a problem! Get a job done! Fulfill a fundamental human need! Und unterscheide dabei zwischen Selbstwahrnehmung, Kundenwahrnehmung und Verbraucherwahrnehmung! Ganz nach dem Motto „Der richtige Prozess produziert die richtigen Resultate” behandelten wir auch die mittlere Schicht des Lean Stack, das Strategy-and-Risks-Board, von Ash Maurya „der Kitt, der die unterste und die oberste Schicht verbindet” genannt. Es soll helfen, die Vision auf eine konkrete Strategie herunterzubrechen und mögliche Risiken abzuwägen. Das Analogs/Antilogs-Framework, ein Konzept, das Randy Komisar und John Mullins in ihrem Buch „Getting to Plan B” beschrieben haben, war Teil des Implementation Plans.
Wir diskutierten den Lean Startup Process von Eric Ries: Build –> Code –> Measure –> Data –> Learn –> Ideas –> und dann wieder von vorn anfangen und lernten Hypothesen, sogenannte falsifiable hypothesis, zu formulieren, die uns helfen sollten, positiv an Probleme heranzugehen. Also korrigierten wir das negative „Die Landingpage hat schlechte Zugriffszahlen” hin zum positiven „Wenn ich eine Guided Tour einbaue, dann werden sich die Zugriffszahlen der Landingpage um 10 Prozent steigern lassen”. Alle Workshop-Teilnehmer brainstormten still an einem konkreten Beispiel um sich danach auszutauschen. Das perfekte Produkt ist eben nur das Resultat aus einem ewigen Learning-Prozess nebst MVP (Minimum viable product), Prototypen und Consumer Interviews. „Justify your building with data”, ermunterte uns Lukas.
Und so beackerten wir auch die Produkt-Schicht, das validierte Learning-Board. Es soll nach dem Kanban-Prinzip die aktuelle Arbeit abbilden, die erforderlich ist, um das Produkt zu erschaffen und die Vision zu realisieren. Der österreichische Moderator zeigte uns Usability Testings, Dave McClures AARRR-Ansatz (Acquisition, Activation, Retention, Revenue, Referral) und die Cohort Analyse (Track people, not events!).
Failure is good!
Versagen zeigt, was der richtige Weg ist, sein könnte oder eben auch war. „Wenn ich eine Änderung im Code des Gehirns vornehmen könnte, dann würde ich den Bug korrigieren, immer von zwingend Neuem träumen zu müssen, um möglichst Innovatives umzusetzen“, überlegt er. Und er rät uns, alle unsere Träume und Verbesserungen „zu unserem Projekt zu machen“. Jedes Experiment braucht eine “Product Ownership“, zu deutsch: Einen, der es als sein Baby betrachtet und es vorantreibt. Da muss auch der Designer manchmal weg von der Ästethik, hin zu den Consumer Values. „Shared Values“, wirft einer aus den Zuhörerreihen ein. „Da muss ich dir zustimmen“, grinst Lukas.
Von Hummeln und Schmetterlingen abgelenkt
Als meine Aufmerksamkeit langsam nachlässt und die Blicke an //SEIBERT/MEDIAs „Spielregeln“-Wand mit dem Gesetz der zwei Füße und Hummeln und Schmetterlingen hängen bleibt (WTF??!) sagt Lukas das einfachste und doch prägnanteste an diesem sehr interessanten Nachmittag: „Make it a habit! Es muss nicht von Anfang an perfekt sein, aber der Weg dorthin ist das Ziel.“ „Understand Problem, define solution“ steht in meinen Aufzeichnungen. Im Lean-Denken wird ein Prozess eben nicht von oben verordnet und ist auch nicht in Stein gemeißelt, sondern eher ein lebendiges Produkt, das den Leuten gehört, die daran arbeiten. „Ergibt das Sinn?“ fragt der Lean Stacker und blickt erwartungsvoll in die Runde. „Ja, sehr!“ denke ich mir und notiere eifrig seine Literatur-Tipps.
Wer, wie ich und meine Kollegin Sophia, nun auch Lust bekommen hat, weiter in die Thematik einzutauchen, der sollte wissen, dass das Lean Stack unter der Creative-Commons-Lizenz steht. Man kann die Lean-Stack-Poster hier downloaden oder bestellen. Vielen Dank an Lukas Fittl (BLOG /TWITTER) und //SEIBERT/MEDIA für den tollen Workshop, die wertvollen Inputs und die Bilder.
Über den Speaker
Lukas Fittl (BLOG / TWITTER) ist seit 2006 in der Startup-Szene aktiv, hat mit Soup.io und Efficient Cloud zwei Unternehmen nach Lean-Methoden gegründet und arbeitet heute zusammen mit Ash Maurya (BLOG / TWITTER) an Spark59.
Als gefragter Speaker hat Lukas zahlreiche Städte Europas bereist und unter anderem an der London Business School und auf der Smidig Konferenz in Oslo zum Thema Lean Startup referiert.
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Literatur- und Surftipps zum Thema:
Lesenswertes von Ash Maurya (BLOG / TWITTER) von Spark59 ins Deutsche übersetzt:
- Innovation Accounting mit dem Lean Stack (Teil 1)
- Der Lean Stack (Teil 2)
- Das Lean-Stack-MVP – Ein anderer Ansatz
- Der Lean Stack (Teil 4)
Weitere interessante Lektüre:
- Sein Buch “Running Lean: Iterate from Plan A to a Plan That Works“
- The Lean Startup: How Today’s Entrepreneurs Use Continuous Innovation to Create Radically Successful Businesses von Eric Ries
- Lukas Fittl Lean Startup auf founderswiki.com
- Agile Manifesto von der Agile Alliance
- Extreme Programming Explained: Embrace Change von Kent Beck
- The connected company von Dave Grey
- Kanban: Successful Evolutionary Change for Your Technology Business von David J. Anderson and Donald G Reinertsen
- Getting to Plan B: Breaking Through to a Better Business Model von John Mullins
- Don’t Just Roll The Dice – A usefully short guide to software pricing von Neill Davidson
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